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Studenten als Dukatenesel für die Länder
Die große Koalition hat sich auf die Verteilung der Bundesmilliarden für die Bildung geeinigt. Es ist eine Einigung mit vielen Tricks und Nebenabsprachen. Der Bund darf sich künftig an Bildungsinvestitionen für Hochschulen beteiligen. Jeder Eingriff bei den Schulen bleibt ihm verboten. "Das war nicht verhandelbar", sagte ein SPD-Unterhändler. Mit anderen Worten, das wechselweise als schwachsinnig oder irrsing bezeichnete Kooperationsverbot bleibt halb bestehen.
Bafög für die Länder
Nachrichten-Agenturen und Spindoktoren verkünden, dass bei der Einigung die Ausbildungsförderung Bafög den Durchbruch gebracht habe. Bafög, das sind die Lebenshaltungszuschüsse für Studierende. Aber wer nun glaubt, dass mehr Studenten mehr Stipendien bekommen, der täuscht sich. Denn das Bafög ist erstmal für die Länder. Indem der Bund es von ihren Schultern nimmt, haben die Finanzminister der Länder 3,5 Milliarden Euro mehr in der Kasse. Und das Gute ist - sie müssen es nicht ausgeben! Denn die StudentInnen gucken in die Röhre. Die Studienförderung wurde nur als Verhandlungsmasse benutzt, um den Föderalismus-Streit zwischen Bund und Ländern beizulegen. Eine Erhöhung der Stipendien gibts erst ab dem Wintersemester 2016/17, sagte die Bildungsministerin. Wie hoch sie ausfallen wird, wurde bewusst offen gehalten.
Man darf gespannt sein, wann die Studenten begreifen, dass sie der Dukatenesel der Länder sind. Die Finanzminister haben ab 1. Januar 2015 ihr Bafög-Geld. Erst ab Ende 2016 gibts dann ein paar Notgroschen Erhöhung: Stichwort Erhöhung der Freibeträge, damit am Ende eine Pizza mehr rausspringt.
Lehrer als pädagogische Totalversager, was tun?
Pisaversteher diskutiert mit Josef Kraus bei ZDFlogin
am Mittwoch 22:25 Uhr spricht pisaversteher mit Josef Kraus und zwei Redakteuren über failing teachers. ZDFlogin
Haben wir zu viele schlechte Lehrer?
Ja, haben wir. Aber das ist nicht die Schuld des einzelnen Lehrers, sondern das kommt von einem verantwortungslosen System der Auswahl und Betreuung des unterrichtenden Personals – dem Beamtenrecht. Es gibt wahnsinnig viele wahnsinnig gute Lehrer. Jeder weiß, wie sehr ihn/sie ein faszinierender Lehrer geprägt und den Lebensweg beeinflusst hat. Ein guter Lehrer ist alles!
Aber: Ein pädagogischer Totalversager macht eben auch viel kaputt – an sich und an Kindern. „Die sind dann 30 Jahre in ihrem Beruf unglücklich und machen dabei 30 Schülerjahrgänge unglücklich.“ Das sagt kein Lehrerhasser, sondern der Chef des Deutschen Philologenverbandes, sprich Deutschlands oberster Studienrat, Heinz-Peter Meidinger.
Studien zeigen, dass zwischen 30 und 40 Prozent der Lehrer im falschen Beruf sind. Diese Studien sind mikrosoziologische Schätzungen – der Schulleiter, die man fragt. Sie sagen, es gibt eine blockierende Minderheit von Lehrern im Kollegium, die so abgegessen sind, dass sie weder am Kind noch am guten Unterricht Interesse haben. Auch objektive Untersuchungen wie die von Uwe Schaarschmidt belegen das: Nur 17 Prozent der Lehrer machen ihren Job gerne, sie sind glücklich, weil sie Spaß haben, mit Schülern Wissensgebiete zu erobern. Die anderen 83 Prozent teilen sich so auf: 23 von Hundert sind zufrieden, weil sie außerhalb der Schule ihr Glück finden. 30 von Hundert sind so überengagiert wie die Frau Schnabelstedt in „Fack juh Göhte“ – und sie sind genauso überfordert wie sie. Schließlich sind die restlichen 30 von Hundert Lehrern zerrüttet, sie sind unglücklich und depressiv. Diese Studie wurde für einen Lehrerverband des Beamtenbundes gemacht! Geht es objektiver?
Was kann ein Schulleiter machen, der einen Versagerlehrer hat?
Ehrlich gesagt nicht viel. Es gibt zwar Instrumente, Lehrer loszuwerden oder zu versetzen. Aber diese beiden sind entweder sinnlos oder so kompliziert, dass sie praktisch nie angewendet werden.
Sinnlos – weil der gescheiterte Lehrer halt an eine andere Schule geht und dort weiter dilettiert. Das „ist eine Möglichkeit, die wirklich zynisch ist. Wenn jemand, der als Lehrer überfordert ist, die Stelle wechselt, dann muss das heißen, dass er keine Schüler mehr unterrichten sollte.“ Sagt Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen LehrerInnenverbandes.
Kompliziert bis unmöglich – weil es Entlassungen aus dem Lehrerberuf wegen pädagogischer Unfähigkeit so oft gibt wie einen Sechser im Lotto. Das Instrument ist derart anstrengend für alle Seiten, dass die meisten Schulleiter, die eine Lehrerpflaume loswerden wollen, einen inoffiziellen Weg gehen – sie mobben ihn praktisch. Das würde natürlich niemand zugeben. Aber es passiert. „Ich weiß als langjährige Personalrätin, dass es vorkommt, dass solche Lehrkräfte auch gemobbt werden, damit sie von sich aus gehen. Aber das ist kein anständiger Weg.“ Sagt die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Marlis Tepe.
Wie kriegt man bessere Leute rein? Wie integriert man Quereinsteiger?
Gute Frage, ZDFlogin. Erstens müssen Lehramtsstudenten früh auf die Fallstricke ihres Berufes vorbereitet werden. It´s the authority, stupid. Wer nicht das Format hat, eine mobbende Mittelstufenklasse auszuhalten, der soll bitte woanders hingehen. Weil die Paintball-M16 von Elyas Mbarek eben nicht zur Verfügung steht. Zweitens sollten Schulleiter sich ihre Lehrer selber aussuchen können, das kann nämlich absurderweise ein Rektor so gut wie nie. Schulleiter sind gar keine Schulleiter, weil sie die wichtigsten Leute für gutes Lehren und Lernen nicht aussuchen dürfen. So absurd ist deutsche Schule.
Quereinsteiger werden die deutsche Schule stärker prägen als je zuvor – also brauchen wir ein Personalrecht, was dafür taugt. Das Beamtenrecht kann das nicht sein, weil es weder die artgerechte Auswahl, das Coaching noch die Entlassung von Lehrern ermöglicht. Quereinsteiger sind, dass sagen alle, eine große Bereicherung für Schule. Weil neue Typen in die Schule kommen! Aber, man muss Quereinsteiger genauer checken können – weil da natürlich Leute dabei sein werden, die sich und ihren Job falsch einschätzen. Bis 2020 werden 60 Prozent der knapp 800.000 Lehrer des Jahres 2007 in Ruhestand sein, hat Klaus Klemm ausgerechnet. Wie soll man diese Know How-Lücke anders füllen als mit Quereinsteigern?
Minister ignoriert Privatschulchaos
Wie Bayerns Kultusminister Spaenle Verantwortung delegiert
Zum Nachhören: Pisaversteher im BR-2-Tagesgespräch mit Hörern zum Abi-Chaos an der privaten FOS Schweinfurt
In Bayern sind an einer privaten Fachoberschule 27 Abiturienten durchgefallen. Es war der komplette Abi-Jahrgang der 2011 neu gegründeten Fachoberschule der Privaten Schulen Schwarz. Die Abiturienten errangen in der schriftlichen Prüfung in der Leistungsfächern maximal 0,8 von 15 möglichen Punkten. Das Abi-Desaster hat sofort zu einer Debatte über Wohl und Wehe von Privatschulen im allgemeinen und privaten Fachoberschulen im besonderen geführt. Dabei ist das 0-Punkte-Abi sicher nicht allein die Schuld einer Stand-up-FOS, sondern das Ergebnis vieler Dummheiten (taz-Kommentar von @ciffi).
Der bayerische Kultusminister Spaenle (CSU) wusste nach Recherchen (SPON-Text von @ciffi) von Pisaversteher seit Oktober von massiven Problemen an den Privatschulen Schwarz. Er versucht sich jetzt mit einer plumpen Ausrede aus der Verantwortung zu stehlen: Der Abgeordnete Günther Felbinger, der ihm 2012 von der Chaos-Schule Bericht erstattet hatte, habe bei seiner Meldung die Schulen verwechselt. So viele Prozente gewinnt nicht mal die CSU, dass so etwas klappen könnte.
Münchhausen hilft Schulen! Mit Eigenverantwortung
Wir brauchen ein Münchhausen-Programm gegen Sitzenbleiben und Bildungsarmut.
Was heißt das? Unsere Schulen sind gefangen in einem Sumpf aus Bürokratie, Bildungsarmut und schlechtem Unterricht. Die komplizierten Bemühungen der Länder helfen seit 10 Jahren nicht, sich aus diesem Treibsand zu befreien. Die Schulen können sich da nur selber herausziehen. Also, gebt jeder der krisengeschüttelten Schulen 100.000 Euro – wenn sie ein paar sehr generelle Kriterien erfüllen:
- sie dürfen kein Kind mehr abgeben
- sie sollen ihr Lernen für heterogene Schülerschaften öffnen
Dazu gehört aber auch, dass sie Sonderpädagogen, Sozialarbeiter und einen Schulpsychologen bekommen. Und mehr Freiheit, auf ihre Schüler einzugehen – egal, ob es Akademiker-, Arbeiter- oder Ausländerkinder sind.
Dieses Programm gibt es übrigens schon: Die Bosch-Stiftung zeichnet jedes Jahr die beste deutsche Schule aus – mit 100.000 Euro. Das Geld überreicht der Bundespräsident. Und das obwohl er gar nicht zuständig ist. Verrückt oder: die Bundesbildungsministerin darf den Schulen kein Geld geben, das Grundgesetz verbietet das. Aber wenn eine private Stiftung den Deutschen Schulpreis auslobt, dann geht das plötzlich. Für eine Schule jedes Jahr. Dabei haben wir 1.000 Schulen, die das Geld brauchen könnten.