männer als täter und opfer
Die Odenwaldschule versucht Geburtstag zu feiern
Vielleicht sollten Schulen einfach ihre Schüler ernster nehmen. Auch die Odenwaldschule, die sich bereits vor 100 Jahren ins Programm geschrieben hat, dass sie eine Pädagogik vom Kinde aus praktizieren möchte. Die Schüler der Odenwaldschule haben jedenfalls eine Ideenwerkstatt veranstaltet. Darin forderten sie „eine interne Vertrauenspersonen für aktuelle Fälle.“ Dafür formulierten sie zwei Voraussetzungen: Die Vetrauenspersonen dürfen keine Lehrer sein - und sollen der Schweigepflicht unterliegen.
Die Schüler haben bei dieser Regel gar nicht an die vielen Missbrauchsfälle gedacht, die – wie jetzt herauskommt - seit 1966 an der OSO geschahen. Sie stellten die Forderung an eine ideale Schule. Genau das also, was die von Paul Geheeb in Oberhambach gegründete Schule sein wollte.
Täterstrategien
Das OSO-Jubiläum freilich wurde zu einem bedrückenden Fest. In einem Expertenhearing zum Missbrauch in der Gesellschaft wurde klar: Pädophile suchen gezielt nach Kindergruppen, es gibt regelrechte Netzwerke und ausgefeilte Täterstrategien, um an ihre Opfer heranzukommen. Ideal dafür sind Orte, wo viele Kinder zusammenkommen: Vereine, Spielplätze, Kindergärten und Schulen. „Pädophile verabreden sich im Netz, um in bestimmte Sportvereine einzutreten – weil die nicht so genau hingucken beim Missbrauch“, berichtete etwa Weiss von der Deutschen Sportjugend, die sich dem Thema sexualisierte Gewalt schwerpunktmäßig widmet.
Es ist als würde der Gesellschaft die Unschuld geraubt. Nach dem Bekanntwerden Hunderter Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen und an der Odenwaldschule Oberhambach, beschäftigt sich die Öffentlichkeit wie nie mit dem Thema. Das Nottelefon, das die Unabhängige Beauftragte für Missbrauch, Christine Bergmann eingerichtet hat, steht unter Hochdruck. Seit April gibt es 700 schriftliche Berichte und 800 telefonische.
„60 Prozent derer, die sich melden, reden das erste Mal über den Missbrauch“, sagte Bergmann, die von der Bundesregierung berufen wurde. Viele sind froh, dass ihnen zum ersten mal zugehört werde - und sie anerkannt werden.
Auch an der Odenwaldschule zeigte sich, dass es beinahe professionelle Täterstrategien und Schutznetzwerke gibt. Aus den Berichten, die der Schule vorliegen, zeigt sich, dass Lehrer der angesehenen Einrichtung gezielt mit Noten Kinder zum Schweigen brachten oder auch für Sex belohnten. Als ein Gruppe von Schülern zwischen 8 und 12 Jahren sich schon 1966 an den Schulleiter wandte, wurde nur einer der beiden Täter von der Schule geworfen – und der Schüler, der als Sprecher der Gruppe auftrat. Die Aufklärerin der Schule, Claudia Burgsmüller, sagte, „dass es energischen Widerstand der Schüler gegen den Missbrauch gegeben hat.“ Aber dieser Widertsand sei systematisch gebrochen worden.
Die pädophilen Wurzeln der Odenwaldschule wurden offenbar nicht aufgeklärt, sondern benutzt. (Siehe auch taz über Paul Geheeb und Gustav Wyneken)
Männer schweigen als Täter - und als Opfer
Männer sind aber nicht nur Täter, sie sind auch Opfer – und eine besondere Problemgruppe. Männern und Jungen fällt es besonders schwer, über erlittene sexuellen Übergriffe zu berichten. Männer äußern sich bei Bergmanns Stelle häufig schriftlich und sie berichten über Fälle, die teilweise sehr lange zurück liegen. Julia von Weiler von der Organisation innocence in danger und Christine Bergmann berichteten übereinstimmend, dass es zu wenig Beratungs- und Therapieplätze für Männer gebe. „Es fehlen Einrichtungen, die sich im Männer und Jungen kümmern“, so Bergmann.
Erschreckende Kinderärzte-Erklärung
Auch Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf medizinische Versorgung nach Facharztstandard.
[Siehe besonders 1.2. Chancengleichheit, soziale Brennpunkte etc]
1.1. Bestmögliche gesundheitliche Versorgung aller Kinder und Jugendlichen – Nein zum Primärarztsystem nach § 73 b
Seit 1925 gibt es Kinderärzte im ambulanten Versorgungsbereich. Die Gesundheitspolitik der Bundesregierung ist seit Januar 2009 auf die Einrichtung eines Primärarztsystems in Deutschland ausgerichtet, in dem der Hausarzt die Funktion eines „Lotsen durch das Gesundheitssystem“ übernehmen soll. Ein System, dass sich in anderen Ländern nicht bewährt hat. Den Allgemeinärzten wird hier eine herausragende Position auch in der ärztlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen eingeräumt, ohne dass sie durch entsprechende Inhalte während ihrer Weiterbildung darauf entsprechend vorbereitet wurden. Die Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung nach § 73 b SGB V berücksichtigen die berechtigten Interessen von Kindern und Jugendlichen nur sehr unzureichend. Auch Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf medizinische Versorgung nach Facharztstandard. Der Facharzt für Kinder- und Jugendliche ist der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit einer eigenständigen Weiterbildung von mindestens 5 Jahren.
Der BVKJ verlangt entsprechend den gesetzlichen Möglichkeiten separate Verträge zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen, um weiterhin eine fachlich optimale Versorgung zu gewährleisten, erhebt aber keinen Alleinvertretungsanspruch. Allgemeinärzte haben bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen andere Aufgaben als Kinder- und Jugendärzte mit ihren speziellen Kenntnissen der kindlichen Entwicklung in den verschiedenen Alterstufen, den Besonderheiten chronischer Erkrankungen in diesem Alter, den kognitiven Störungen und den Besonderheiten bei Jugendlichen im Rahmen der Pubertätsentwicklung.
1. 2. Chancengleichheit für alle Kinder
„Das Wohl des Kindes ist ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist“ (UN-Kinderrechtskonvention von 1992). Dies gilt auch für andere Bereiche unserer Gesellschaft. Wir Kinder- und Jugendärzte beobachten mit Sorge, dass in Deutschland Kinder nicht ausreichend zu essen haben und Hunger leiden müssen. Die Hartz IV-Regelsätze für ein Kind bis zum Alter von 14 Jahren sind zu niedrig. In Deutschland beziehen etwa 1,6 Millionen Kinder Hartz IV-Leistungen, sie sind erheblich gegenüber anderen Kindern aus wirtschaftlich besser gestellten Familien benachteiligt. Das hat auch das Bundessozialgericht so gesehen.
Wir haben die Politik bereits seit Jahren aufgefordert, in einem jährlichen Bericht darzulegen, was sie in den vergangenen 12 Monaten gegen diese Armut unternommen und welche Erfolge sie erzielt hat. Dies ist bisher nicht geschehen. Die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung zur Konsolidierung des Haushalts, dessen Schieflage Kinder und Jugendliche ganz sicher nicht zu verantworten haben, zeigen nicht, dass man wirklich gewillt ist, mit Nachdruck für Chancengleichheit zu sorgen und besonders die Kinder und Jugendlichen, die in ihrem Elternhaus nicht entsprechend ihren Möglichkeiten gefördert werden, umfassend bereits ab dem Krippenalter in allen Bereichen zu fördern. Die Gesellschaft muss Ihnen bestmögliche Entwicklungsperspektiven geben, damit sie nicht, wie vielfach ihre Eltern, dauerhaft von sozialen Transferleistungen abhängig sind. Wer soll eigentlich die horrenden Staatsschulden in Zukunft bezahlen, wenn aufgrund unzureichender Förderung im Vorschulbereich bis zu 10 Prozent eines Jahrgangs die Schule ohne Abschluss verlassen? Die Mittel, die in die frühkindliche Bildung gesteckt werden, zahlen sich auf Dauer mit Zins und Zinseszins aus. Vernachlässigt man allerdings diesen wichtigen Bereich in einer Gesellschaft, wird es durch die später notwendigen Sozialtransfermaßnahmen um ein Vielfaches teurer.
Die Familien müssen wirksam von Fachleuten begleitet und in ihrer Erziehungs- und Alltagskompetenz gestärkt werden. Dazu gehören neben aufsuchender Betreuung der Familien ebenso kostenlose Kindertageseinrichtungen, in denen neben der Erziehung und Bildung der Kinder auch den Familien Kompetenz und Stärke vermittelt wird. Wir fordern aber höchste Qualität bei diesen Angeboten.
1. 3. Soziale Brennpunkte
Die medizinische Versorgung von Kindern aus sozialen Randgruppen befindet sich in großer Gefahr. Durch die anhaltende Unterfinanzierung ärztlicher Leistungen im GKV-System sind dieKolleginnen und Kollegen nicht mehr bereit und in der Lage, sich in Wohnvierteln mit einem hohen Anteil an Arbeitslosen, Migranten und anderen Randgruppen niederzulassen , da sie mit den Honoraren, die die gesetzlichen Krankenkassen zahlen, auch nach der Honorarreform 2009 eine zuwendungs- und zeitintensive Tätigkeit an solchen Standorten nicht mehr finanzieren können. Wir können bereits jetzt in bestimmten Stadtteilen von Berlin, Hamburg, Bremen, Köln und anderen Großstädten diese Entwicklung beobachten und von einer Unterversorgung sprechen . Dies betrifft natürlich nicht nur Kinder, sondern alle Altersgruppen.
Kinder und Jugendliche haben, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern, einen Anspruch auf „das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit“ (UN-Kinderrechtskonvention von 1992). Dies schließt ein, dass sie einen niedrigschwelligen Zugang zu allen medizinischen Leistungen haben, die dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen und im Gesundheitswesen in Deutschland verfügbar sind.
Der Staat hat dafür zu sorgen, dass diese Leistungen auch angemessen finanziert werden, entweder über Krankenversicherungen oder aus Steuermitteln.
In zunehmendem Maße müssen wir uns mit sozialen Problemen befassen und versuchen, in Netzwerken zusammen mit anderen Berufsgruppen die Defizite aufzuarbeiten, die Kinder aufgrund mangelnder pädagogischer Förderung im Elternhaus erleiden. Unser Staat kann es sich einfach nicht leisten, dass zahlreiche Kinder mit gutem Entwicklungspotential dahinkümmern, nicht gefördert werden und später durch mangelnde Bildungsabschlüsse und berufliche Qualifikation der Allgemeinheit zur Last fallen. Frühe Förderung ist wesentlich kostengünstiger. Dieses Engagement der Kinder- und Jugendärzte wird aber nicht bezahlt.
1. 4. Zweiklassenmedizin staatlich gewollt
Die Nicht-Erstattung der Kosten für nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Jugendlichen ab dem vollendeten 12. Lebensjahr führt auch bei der neuen Bundesregierung zu einer schlechteren Versorgung ärmerer Bevölkerungsgruppen, da sie sich diesen Medikamente, die zu einer ärztlichen Standardversorgung, gerade auch bei bestimmten chronischen Erkrankungen gehören, nicht leisten können. Ebenso sind Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien bei den Vorsorgeleistungen erheblich benachteiligt. Während Privatversicherte nach dem Willen des Gesetzgebers ab dem vollendeten 2. Lebensjahr bis zum 14. Lebensjahr einen Anspruch auf jährliche Vorsorgeuntersuchungen haben, besteht für gesetzlich krankenversicherte Kinder im Alter von 6 bis 11 Jahren keinerlei Anspruch auf entsprechende Untersuchungen. Sie werden in Kindergärten und Schulen auch nicht vom öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) betreut, da dieser in den letzten Jahren personell erheblich ausgedünnt worden ist. Besonders für soziale Randgruppen hat aber ein flächendeckender und personell gut ausgestatteter ÖGD eine wichtige Funktion.
Der BVKJ fordert seit langem, dass die Inhalte der Kinder-Vorsorgeuntersuchungen zügig überarbeitet werden, der primären Prävention ein hoher Stellenwert eingeräumt und der § 26 SGB V folgendermaßen geändert wird:
(1) Versicherte Kinder und Jugendliche haben bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung und Verhinderung von Krankheiten, die ihre Entwicklung gefährden…..
Wir fordern eine umgehende Beendigung der Zweiklassenmedizin im Bereich der Kindervorsorgeuntersuchungen!
1. 5. Kinder und Medien
Wir Kinder- und Jugendärzte müssen leider in den letzten Jahren eine ganz erhebliche Zunahme des Missbrauchs von Kindern im Rahmen von Werbung und Medienpräsenz feststellen. Unser Verband setzt sich intensiv für die Kinderrechte und gegen die Missachtung der Persönlichkeitsrechte von Kindern ein. In unserer täglichen Praxis erleben wir leider in zunehmendem Maße Auswüchse solcher Missachtung dieser Rechte einer sehr verletzlichen Patientengruppe. Kinder sind keine Ware, ihr Einsatz im Rahmen von Werbung oder medialer Vermarktung muss beschränkt und nur an den positiven Aspekten auf ihre eigene Entwicklung ausgerichtet sein. Je jünger sie sind, umso eher benötigen sie unsere Fürsorge und das Bewusstsein unserer großen Verantwortung für ihre bestmögliche Entwicklung. Eltern haben nicht das Recht, ihre Kinder zu vermarkten.
Hamburg ganz unten
Über ein Viertel Schüler, die nicht richtig lesen können
Das Hamburger Abendblatt zeigt, wo Hamburgs Schule steht: ganz unten.
pisaversteher.de präsentiert die Daten aus Pisa2006 E von Manfred Prenzel noch einmal. Aus ihnen geht hervor, dass Hamburgs herrschendes Schulsystem so nicht bleiben kann.
Im Lesen und in Mathematik gibt es über 27 Prozent Risikoschüler unter Hamburgs 15-jährigen. Das heißt sie landen außerhalb messbarer Kompetenzen des Pisatests oder auf der untersten Pisastufe 1.
Beim Lesen bedeutet das: 27 Prozent der Hamburger 15-jährigen können z.B. eine Gebrauchsanweisung nur entziffern - aber nicht verstehen. In den Naturwissenschaften sieht es ein bisschen besser aus, da gibt es "nur" 24 Prozent Risikoschüler.
Nur in einer Disziplin ist Hamburgs Schule deutscher Meister: Im Abstand zwischen guten und schlechten Schülern. Die Eleven der Hansestadt liegen laut Pisadaten 124 Punkte vor den Schmuddelkindern in den Hauptschulen.
Das ist ein dramatischer Wert - er liegt noch über der Differenz zwischen Gut und Schlecht Deutschlands (112 Punkte) und dem Differenz-Mittel der OECD, der bei 99 Pisapunkten liegt.
Was sagt dieser Wert aus? Dass die deutsche Schule die Kinder in ein Oben und Unten spaltet. Und genau in dieser Disziplin liegt Hamburg ganz vorne. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sagte dazu gerade im Thalia-Theater: Es ist gefährlich einen Teil der Jugendlichen einer Stadt einfach zurückzulassen.
Wer Hamburgs Schüler im amtlichen Dokument nachlesen möchte, tue es hier.
André der XIV. ist abgewählt
Neuer Berliner Landeselternchef. Misstrauensvotum gegen alten erfolgreich
Der Österreicher Günter Peiritsch fordert den Eltern-Alleinherrscher André Schindler heraus - und gewinnt. Schindlers Adlatus Renée Faccin bleibt und will die Abwahl seines Gurus anfechten
Die Abwahl des eigenwilligen Vorsitzenden des Landeselternausschusses, André Schindler, war erfolgreich. Er wurde am Freitag abend mit 13:11 Stimmen in einem konstruktiven Misstrauensvotum zugunsten des neuen Elternchefs, dem Österreicher Günter Peiritsch, abgewählt. Peiritsch kommt aus dem Bezirksausschuss Charlottenburg/Wilmersdorf, ist Projektentwickler und hat drei Kinder in der Grundschule.
Peiritsch versprach, aus dem Landeselternausschuss (LEA) wieder ein offenes und freundliches Gremium zu machen, das alle Berliner Eltern besser informiert.
„Ich möchte nicht nur durch einsame Pressemitteilungen Elternpolitik machen, sondern in einem starken Team mit verteilten Zuständikeiten arbeiten“, spielte Peiritsch im Gespräch mit der taz auf den Stil seines Amtsvorgängers André Schindler an.
Schindler hatte stets den Eindruck gemacht, er stehe als Landeselternausschussvorsitzender immer noch seiner gescheiterten Bildungspartei vor. Schindler hatte sich eine Art Privatfehde mit Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) geliefert, den er permanent und nicht selten ohne Legitimation durch den Landeselternausschuss scharf kritisierte.
Elternpolitik aus Kundus
Schindler verschickte zum Beispiel Pressemitteilungen mit der kruden Behauptung, der Berliner Senat wolle die Gymnasien abschaffen. Sogar aus Afghanistan, wo er an einem Bauprojekt beteiligt ist, regierte er über die Köpfe der Landeseltern hinweg - indem er von Kundus aus harsche Kritik am Ethikunterricht übte. Aber diese Aktion war womöglich eine zuviel. Denn die Kundus-Pressemitteilung zeigte dem Landeselternausschuss deutlich, dass er überflüssig ist. Danach formierte sich eine seriöse Gegenbewegung mit Günter Peiritsch an der Spitze.
Peiritisch versucht einen anderen Stil. Er sagte, der neue Vorstand des Landeselternausschusses müsse selbst eine neue, informativere Elternpolitik formulieren. Als seine persönlichen Ziele nannte Peiritsch eine verbesserte Ausstattung der Berliner Schulen.
„Wenn ein Gymnasium auf den Zeugnissen seiner Schüler vermerken muss, 'Physik wurde nicht erteilt', dann ist das untragbar,“ sagte Peiritsch. Er wolle gegen solche Zustände „mehr Elternpower organisieren.“
Peiritsch will zudem allen Schulformen einen größeren Stellenwert einräumen und auch Migranten besser vertreten. „Eltern mit Migrationshintergrund haben sich im LEA nicht wohl gefühlt und ihn deshalb verlassen. Das muss sich ändern“, meinte Peiritisch.
Der 51jährige ist bereits seit 1991 in Berlin und schwört allen Starallüren Schindler´scher Prägung ab. „Mein Spezialgebiet ist die Grundschule, da höre ich das Gras wachsen. Aber ich kenne mich nicht mit allem aus – und ich will das auch gar nicht.“ Peiritsch betonte, dass es in- und außerhalb des Landeselternausschusses exzellente Kenner gebe – „die will ich in der Öffentlichkeit sichtbar machen und sprechen lassen.“
Faccin will Peiritsch gleich wieder stürzen
Allerdings wird die neue Ära in der Berliner Elternpolitik nicht über Nacht anbrechen. Denn das Misstrauensvotum gegen Schindlers rechte Hand, den zweiten Vorsitzenden Renée Faccin, scheiterte knapp. Der Wahlvorgang zog sich in der Nacht zum Samstag ewig, weil Faccin und Mitglieder des LEA sich gegenseitig der üblen Nachrede bezichtigten. Faccin gewann die Abstimmung mit 13:11, eine gute Zusammenarbeit mit ihm gilt als schwer denkbar.
Faccin schilderte denn auch der taz, wie seine Zusammenarbeit mit Günter Peiritsch aussehen wird – er möchte ihn sofort wieder stürzen. „Ich gehe ich nicht davon aus, dass die Abwahl des Landeselternsprechers André Schindler überhaupt stattgefunden hat, weil an der Rechtmäßigkeit des Wahlergebnisses begründete Zweifel gehegt werden.“
Mobbing gegen neuen Bundeselternchef beginnt
Warnschuss Numero 1
Realschullobby verwarnt Bundeselternchef
Jetzt gehts wieder los. Die bayerischen Realschulleltern haben den neuen Vorsitzenden des Bundeselternrats, Hans-Peter Vogeler, scharf ermahnt, er solle die Grundschule gefälligst nicht kritisieren.
Das ist der Beginn einer Kampagne - Vogeler ist nicht der erste Bundeselternchef, der gemobbt wird.
Was ist passiert? Vogeler hatte jüngst eine Mitteilung heraus gegeben, vier Jahre Grundschule seien zu wenig. Man solle versuchen, die scharfen und harten Übergänge im Bildungssystem entschärfen - zum Beispiel, indem man die gemeinsame Grundschulzeit verlängert. Es ist eine in Wissenschaft und bei Eltern unumstrittene Tatsache, dass der Druck in der Grundschule enorm gestiegen ist - ein unheilvoller Druck, der vielen Kindern das Lernen und die Motivation kaputt macht.
Lernen muss weh tun!
Allerdings: Ein Bundeselternchef darf solche Selbstverständlichkeiten nicht formulieren, weil er sonst gegen eine Satzung verstößt. Sofort wies der Realschulverband darauf hin, dass Bildung kein Entertainment sei - sondern "Pflichtprogramm für alle". Früher sagte man dazu: Lernen muss weh tun!
An sich ist das alles eine Bagetelle und keiner Nachricht wert. Die Pressemitteilungen der bayerischen Realschullobby sind Kabarett - sie dienen nur dazu, das bayerische Modell pädagogischer Apartheid aufrecht zu erhalten.
In Bayern dürfen sich Real- und Hauptschüler nicht einmal in Kooperationsschulen begegnen. Außer in Sport, Musik und auf dem Pausenhof ist es verboten, dass diese Kinder gemeinsam lernen.
Anscheinend denkt die Realschullobby, dass Hauptschüler eine infizierende Krankheit haben.
Deckhengst des gegliederten Schulwesens
Allerdings: Diese Pressemitteilung war kein Witz, sondern ein Warnschuss. Der letzte Chef des Bundeselternrats Wilfried Steinert wurde weggemobbt, weil er zu oft "Schule für alle" und Integration sagte. Man bestellt ihn damals ein und bat ihn ebenfalls, sich satzungsgemäß zu verhalten - das hieß: den Mund zu halten. (siehe unten)
Strippenzieher hinter all dem ist Wolfgang Kuert, ein älterer, freundlicher Herr, der gar keine Kinder mehr in der Schule hat, aber sich als eine Art Deckhengst des "Aktionsbündnisses gegliedertes Schulwesen" sieht. Kuert reist durch die Republik und zeugt immer neue von diesen Kampfverbänden. Sie streiten für die Rohrstock- und Ständeschule des 19. Jahrhunderts. Immer dabei: Philologenverbände, Gymnasialeltern und Realschullobbyisten.
Gut ist: Hans-Peter Vogeler ist ein witziger und selbstbewusster Typ, der sich nicht leicht unterkriegen lässt.
Schlecht ist: Wolfgang Kuert hat nichts anderes mehr zu tun, als Schulen und Lernen für das 21. Jahrhundert zu verhindern. Er wird nicht locker lassen, ehe Vogeler geht.
Siehe auch die von Wolfgang Kuert verbreitete Mitteilung der Realschuleltern aus Bayern:
Pressemitteilung Landeselternverband Bayerischer Realschulen e. V., 18.05.2010
Nicht alle einer Meinung im und mit dem Bundeselternrat (BER)
Der Bundeselternrat, dessen satzungsmäßige Aufgabe eigentlich der Erfahrungsaustausch zwischen seinen Mitgliedern ist, fordert die Bildungspolitiker aller Bundesländer auf, den Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen durch eine längere gemeinsame Schulzeit zu entschärfen. Nicht alle Verbände im Bundeselternrat sind der Meinung, dass der Wechsel nach vier Schuljahren zu früh ist. Selbst der stellv. Vorsitzende im BER, Joachim Klesen, lehnt in seinem Land (Saarland) aktiv das längere gemeinsame Lernen ab. Der Landeselternverband Bayerischer Realschulen befürwortet ausdrücklich den Umstieg in weitere Schularten nach Jahrgangsstufe vier. Es gibt keinen einzigen wissenschaftlichen Befund, der längeres gemeinsames Lernen oder gar die Einheitsschule befürwortet.
Dass ein Wechsel nach sechs, acht, neun oder zehn gemeinsamen Schuljahren leichter wäre, ist ein absoluter Irrglaube. „Wir müssen endlich wieder laut sagen dürfen, dass Schule kein Entertainment ist, sondern Pflichtprogramm für alle, egal in welcher Schulart. Wenn junge Eltern immer nur hören und überall lesen, wie schlimm unsere Bildungssysteme sind und wie benachteiligt die Kinder sind, dann ist klar, dass sich Eltern keine neutrale und emotionslose Meinung mehr bilden können“, so Ingrid Ritt, Vorsitzende der Realschuleltern. So hart es klingt, aber ohne Disziplin, Ausdauer und dem eigenen Willen zum Lernen wird es keinem Schulsystem gelingen, alle Jugendlichen zu einem Schulabschluss mit entsprechender Ausbildungsreife zu führen.
Unsicherheit und Frustration erzeugt nicht ein Bildungssystem, sondern die Menschen, die es gestalten, und da gehören alle am Schulleben Beteiligten dazu. Wir können Sicherheit und Optimismus herstellen.
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Das Aktionsbündnis Gegliedertes Schulwesen erinnert den Bundeselternrat an das Gespräch zum Thema satzungsgerechte Arbeit des Bundeselternrates am 10. September 2006, von 13.08 Uhr bis 15.56 Uhr, am Bad Harzburger Werner-von–Siemens-Gymnasium.
Leitung : Herr Wolfgang Kuert
Teilnehmerinnen / Teilnehmer:
Herr Wilfried Steinert , Vorsitzender des Bundeselternrates (BER)
Herr Dr. Jörg Vogel, stellvertretender Vorsitzender des BER
Herr Peter Wisniewski, Schriftführer des BER
Frau Claudia Jacobi, Realschulen Nordrhein-Westfalen (NRW)
Herr Joachim Klesen, Saarland
Herr Wolfgang Kuert, Niedersachsen (Nds. )
Frau Marietta Omidi, Gymnasien NRW
Frau Ingrid Ritt, Bayern
Herr Fred Röseler, Hessen
Herr Harald Rupsch, Schleswig-Holstein
Herr Heinz-Jürgen Schmieding , Nds.
Frau Sylvia Wiegert, Baden-Württemberg
Herr Heiner Windhaus, Nds.