Fahren sie nach Preußen!
Rochow lebt! Oder: Warum Preußens Bildung noch in unseren Köpfen spukt
Für Kaoru Wang und den Doktorbetrüger
In ein ein paar Stunden sitze ich wieder bei Kaoru Wang für ihr Killer-App-Projekt vor der Kamera. Kaoru macht einen Film darüber, dass wir Bildung immer noch so organisieren wie im 19. Jahrhundert – obwohl wir im 21. Jahrhundert leben. Und eigentlich gar nicht wissen, wie die Welt von morgen genau aussieht. Bildung als Stochern im Nebel – allerdings auf der sicheren Schulbank eines Klassenzimmers, wie es schon zu Zeiten des Freiherrn von Rochow existierte, und das ist 250 Jahre her!
Ist natürlich der Hammer: Kaoru stellt das 21. Jahrhundert neben das 18. Das heißt, nicht SIE macht es, sondern unser vertracktes Schulsystem provoziert das. In New York, wo sie als Regisseurin und Produzentin arbeitet, hat man ihr – sinngemäß - gesagt: Fahren Sie nach Preußen! Da fing der ganze Mist an, mit dem wir uns in den Schulen heute noch rumschlagen! Deswegen kam sie nach Berlin.
Preußen und New York
Wow, was hat bitte Preußen mit unseren Bildungssystemen von heute zu tun? Hey, das ist mehr als wir uns vorstellen können! Schulpflichg, Fröbel, Humboldt, Aufstieg durch Bildung. Man kann es gar nicht alles so schnell runterschreiben. Kaorus scharfe Gegenüberstellung von 21st Century und Preußen, von USA und 18. Jahrhundert ist geeignet, uns die Augen zu öffnen.
Die Grundstruktur unseres deutschen Schulsystems stammt institutionell und ideologisch aus dieser Zeit: Wir haben immer noch ein Dreiklassen-Bildungssystem aus Gymnasium, Realschule und Hauptschule.
Dreiklassen-Bildungssystem
Also, die Schule für die Gebildeten, für das mittlere Beamtentum und die für das gemeine Volk, das nur „bissgen lesen und schreiben lernen soll – aber nicht zu viel, sonst laufen die Bauernkinder alle in die Städte und wollen secretairs werden.“ So sagte es der Alte Fritz 1763, als das Generalschulreglement eine Schulpflicht festlegte. Erstmals in der Welt. Man kann das Datum ein paar Jahrzehnte nach vorne oder auch nach hinten verlegen. Aber flächendeckend kodifiziert wurde es eben 1763.
Klar, der Einwand der Schlauberger lautet jetzt: Aber hören Sie mal, heute gehen doch viel mehr Kinder als damals aufs Gymnasium. Genau, hat auch niemand behauptet, dass es anders ist! Aber das wäre ja auch noch schöner, dass immer noch nur ein bis drei Prozent eines Jahrgangs aufs Gymnasium darf und damit das Recht erhält, eine Universität zu besuchen. Heute sind es 50 Prozent, in manchen bürgerlichen Bezirken wechseln 70, 80 und mehr Prozent auf das Gymnasium. Aber: Die Struktur ist gleich geblieben! Es gibt, auch wenn die Grenzen zwischen den Schulformen wanken und weichen, immer noch die alte Struktur.
Es gilt immer noch die alte Struktur
- Was hat die USA davon übernommen, was hat Deutschland von den USA bekommen? Das ist eine der Hauptfragen Kaorus, und sie ist wirklich spannend:
Und das ist einfach mal wichtig, weil es alles bestimmt: Unser Denken, die Pädagogik, die Politik, den Alltag der Schüler.
Die USA haben Friedrich Wilhelm August Fröbels Idee des Kindergartens übernommen – und feiern sie. In Preußen aber wurde er verfehmt und verfolgt, weil er und ein paar progressive Lehrer 1848 forderten, das Kind als selbst-lernendes Wesen anzusehen, weil er den Kindergarten als BILDUNGSANSTALT konzipierte. Und weil er forderte, dass Frauen den Lehrerberuf ergreifen dürfen sollten! Wurde alles in der Paulskirche diskutiert, vor 160 Jahren!, bis die preußischen Truppen einmarschierten und all' die Ideen und klugen Leute auf die Fahndungslisten stellten.
Wirksame Relikte seit 1763
Wirksam: Im Jahr 2002 erst wurde die Halbtagsschule aufgebrochen. Ein Relikt von damals! Im Jahr 2011 diskutieren wir auf den besten Foren im Lande, wie wir die Idee Fröbels verwirklichen könnten, dass der Kindergarten keine Aufbewahrungsanstalt für die Kinder von gefallenen Müttern ist, sondern eine Bildungseinrichtung.
Die USA haben auch Wilhelm von Humboldt adoptiert - und verwirklichen seine Idee der Persönlichkeitsentwicklung durch Bildung in ihren Unis.
2. Was haben die USA uns pädagogisch gebracht?
Als mich Kaoru das fragte, sagte ich frech: nichts! Am liebsten hätte ich gesagt: Nur das schlechte Gewissen und den Ärger, dass sie vieles von „uns“ integriert und verwirklicht haben, jetzt sogar teilweise das duale System der Berufsausbildung als vocational training anwenden.
3. Eine pädagogische Idee haben wir in der Tat von den USA nicht bekommen, aber: Wir haben vor allem ihre politische Idee abgelehnt!
Es war ja wirklich so, dass die US-Truppen 1945 durch dieses Land gepanzert sind und eine ihrer Hauptideen der Vetreibung des Hitlerismus bestand darin, endlich demokratische Schulen nach D zu importieren. Genau, es waren nämlich nicht nur die bösen Russen, die uns die schröckliche „Einheitsschule“ reindrückten, es waren auch die Amis. Lucius D. Clay, Oberfehlshaber der US-Truppen, hatte ein ganzes Bildungspaket mitrgebracht, und da ging es nicht um ein paar Euro für Hartz-IV-Empfänger: Einheitliche Lehrerausbildung, demokratisch und nicht für eine Dreiklassenschule! Eine mindestens sechsjährige gemeinsame Grundschule aller Kinder; eine Gesamtschule und und und – alles das haben die Deutschen, besonders die Bayern und ihr schrecklicher Alois Hundhammer abgelehnt. Clay stöhnte, am liebsten würde er die Gesamtschule militärisch durchsetzen, aber ich hoffe, dass deutsche Volk macht es selbst. Wir wissen, wie die Geschichte weiter ging: Das deutsceh Volk kämpft noch heute – um und vor allem gegen die demokratische Schule für alle.
Königsberger Schulplan bis heute nicht verwirklicht
4. Was bedeutet das nun alles? Wir haben unsere eigenen Ideen nicht verwirklicht oder nur halb, nur für den Kopf.
Viele pädagogische Inspirationen Fröbels mussten in den Untergrund von Reformschulen ausweichen. Die Reformer verließen das Land, und viele drehten auch ein bisschen durch, siehe Rudolf Steiner, Hermann Lietz und Paul Geheeb etc. Humboldts „eine Schule für alle“, die sich ganz leicht aus seinem Königsberger und seinem Litauischen Schulplan herauslesen lassen, wurden nicht verwirklicht, sondern nur seine höhere ganzheitliche Bildung am Gymnasium. Das heißt, das Land, das größten Wert auf ganzheitliche Bidlung legt, schloss die 70, 80, 90 Prozent Volks- später Hauptschüler davon aus. Systematisch, selektiv, separatistisch. (Das kann man für die Zeit damals verstehen – heute ist das nur noch unter Rubrik pädagogisches Apartheidssystem abzubuchen.)
5. Was hat das mit Rochow und dem Doktorbetrüger zu tun? Das erzähle ich nach dem Interview >>> to be continued als prezzi ;-)
Nicht warten: Kulturrevolution von innen UND außen
Schulreform als Teamwork
"der systemwechsel ist zwar eine schulische angelegenheit, kann aber nur kulturell (von außen) initiiert werden."
So lautet ein Tweet von @schb, einem Wuppertaler Lehrer und Lernen2.0-Pionier, und dieser Satz ist vielfach bemerkenswert.
Unter Idioten
Denn Felix sagt damit: "Hey you guys from outside, help us in school! We are among idiots, who will never change school from inside!"
(Natürlich würden diverse Lehrer jetzt wieder einen Schreikrampf wg falscher Zitation bekommen; aber ich lese das "nur von außen initiiert werden" mal so. Sind ja in einem freien Land und nicht auf der Schulbank sitzend.)
Was Felix da sagt, heißt: Lasst uns, bitte, nicht allein da drin mit den Lehrern, die nichts verändern wollen.
Und Nein, das ist überhaupt nichts besonderes - es ist eine Binse, dass ca. 60 Prozent der Lehrer veränderngsresistent sind, kompletto immun gegen ANYTHING DIFFERENT. Siehe Schaarschnmidts Studie, altbekannt, aber aktuell wie je.
Aber ja, Felix Satz ist dennoch eine Sensation - weil endlich mal ein Lehrer ÖFFENTLICH ausspricht, was ohnehin alle wissen.
Aber das ist eigentlich weniger wichtig.
Was ist oben, was ist außen?
Was mir an dem Tweet auffiel, war das Missverhältnis und -verständnis von innen und außen. Klar hat Schubi total recht, wenn er von einem fundamentalen Kulturwandel des Lernens spricht, den es braucht, um Schule zu verändern. Schule muss auf den Kopf gestellt werden oder gerne auch umgekehrt vom Kopf auf die Füße. Wenn ich den Satz der wunderbaren Schreiblehrerin Ute Andresen nehme: "Wieso wird jeder Gegenstand so fad, wenn er schulförmig wird?" - dann weiß man wieder, wie verkehrt Schule ist.
Kulturwandel von den Rändern
Und sicher wird dieser Kulturwandel von den Rändern kommen wie jede Innovation in der Regel von da stammt. Also lexikalisch gesprochen von dem Außen, das um die Schule rum ist, die sich wie eine Wagenburg anfühlt. Das Außen ist nicht nur die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Vereine, die Menschen, selbst die Eltern. Dummerweise ist es auch das dumme Oben, die KuMis, die Politik, die irgendwie gar nix kapiert. Ist doch so.
Gibts drinnen kein Außen?
Aber gibts denn drin in der Schule kein Außen? Sind die Reformkräfte drinnen wirklich so schwach oder unselbstbewusst? Mensch Leute, wie viele Schulen haben sich am eigenen Schopf aus dem Vorschriften- und "ES-GEHT-NICHT"-Sumpf gezogen!
Es wird den Systemwechsel nicht von oben geben, njet, never, nein! Dazu ist außen zu viel Oben. System meint Auslese, Schlechtmachen, Rauswerfen, Abschulen, aber es ist auch sooooo naiv zu glauben, dass ALLEIN die ewige Dreigliedrigkeit der Schulformen und die bösen bösen Kultusminister es wären, die den Lehrer zwängen.
Die auch, klar! Aber der Auslesebazillus ist längst hineingekrochen in die Hirne und Herzen der Lehrer wie der teuflische Guinea-Wurm in die Körper der Menschen in Afrika.
Gesamtschule mit isolierter Schnelläuferklasse
Jüngst hat mir eine Gesamtschullehrerin voller Stolz erzählt, an ihrer Schule sei gerade ein eigener G8-Zug eingrichtet worden - ab der siebten Klasse werden diese Kinder zum Abi getrackt, ohne Feindberührung am doofen Rest vorbei auf der Überholspur. Gesamtschule 2011. Joghurt hat doch Knochen.
Pionier ruft um Hilfe
Was das verrückte an Schubis Einwurf ist: Selbst ein Pionier ruft um Hilfe, obwohl er wissen könnte, dass von außen nicht viel kommen wird, außer ultraorthodoxen Interventionen der falschen Doktoren wie KMK-Präsident Althusmann: Hauptschule heißt jetzt Twix, und sortiert wird auch in der Oberschule. Gehts noch?
Felix @schb ist das Beispiel für einen Lehrer im Aufbruch, er will woanders hin, er weiß, die seinen werden nicht mitziehen, er sucht nach anderen Verbündeten. Und auch wenn sein Ausruf Teil der erlernten Hilflosigkeit ist, unter denen die lehrerseminargestählten Anstaltsverwalter leiden, so ist sie dennoch nur noch einen Schritt von Obama weg: Ja, wir könnten das!
Wechselseitiges Aufschaukeln
Schulreform oder, grundsätzlicher, Systemwechsel, entsteht durch ein wechselseitiges Aufschaukeln der Reformer drinnen und draußen, oben und unten. Und der Zündfunke wird dann evtl. ein ganz banaler sein: Vielleicht ein Flashmob, der die Schule oder einen dieser Super-Duper-Kultusminister lahmlegt? [Idee geklaut :-)]
Aber, Schubi, ihr da drinnen und wir da draußen, wir können nicht auf den jeweils anderen warten, ehe wir die Kulturrevolution des Lernens beginnen. Wir brauchen uns schon. Aber jeder kann ja schon mal anfangen.
P.S. Gerade schrieb mir eine tolle Lehrerin, dass manchmal schon ein einziger Lehrer den Unterschied macht. Wenn er mutig ist und ein bisschen Ermutigung und Support bekommt. Das isses!
Mit der CDU in die Bildungsoffensive?
Nachlese Presseclub vom 3. Juli ARD:
Gestern sagte ein Anrufer in der Sendung Presseclub, man könne Haupt- und Realschüler nicht gemeinsam unterrichten, weil der faule Apfel den "gesunden" anstecken. Ich bedauere heute, dass ich da nicht energischer rein bin: Denn es ist ein vollkommen verkorkstes und sozial-rassistisches Menschenbild, das dahinter steckt. Es gebe gute und gesunde Schüler und es gebe schlechte und faule, meint faulige. Das kann nicht der Ansatz für ein staatliches Schulsystem sein, das allen Schülern die gleichen Startchancen einräumen muss.
Leider findet sich auch im Antrag der CDU ein Anklang davon: Weil man davon ausgeht, dass es Schüler gibt, die mehr Bildung und bessere Lehrer verdient haben. (siehe unten: was man nicht sagen darf)
3 Thesen für den Presseclub - und drei Sachen, die man nicht sagen darf
1) Es ist zu begrüßen, dass sich die CDU von der Hauptschule verabschiedet.
Endlich steht die Partei auch auf Bundesebene wieder als Partner für die so dringend nötige Entwicklung guter Schulen bereit. Die Hauptschulen in den großen fünf Bundesländern (Bay, BaWü, NRW, Hes und NS = 75 Prozent der deutschen Schüler) müssen zu Tausenden geschlossen werden. Denn „die Hauptschule ist eine von der Bevölkerung nicht mehr akzeptierte Schulform“ (CSU-Papier aus 2006!)
2) Die Absage der Union an die Hauptschule war aber auch überfällig – und sie geht nicht weit genug.
Alle internationalen Experten fordern seit dem Pisa-Schock von 2001 eine Vereinfachung des verwirrenden und wirren deutschen Schuldschungels. (Viergliedrig plus neun Sonderschuleformen) Dank der Blockade der Union war ein geordneter Übergang nicht möglich – also haben wir heute einen Wildwuchs neuer Schulformen in allen Ländern. Selbst Bayern sah sich genötigt die Hauptschule umzubenennen – in Mittelschule. Das High-Tech-und Export-Land Deutschland hat dabei zehn wichtige Jahre verloren. Die CDU an der Basis ist glücklicherweise viel weiter: Dort arbeitet man längst konstruktiv an Gemeinschaftsschulen und individuellem Lernen. ("Ist uns egal, was Düsseldorf und Berlin vorschreiben.“)
3) Die Schulstrukturdebatte wird hoffentlich schnell in eine über neue Lernformen übergehen:
Wie kann man integrierte Schulen so entwickeln, dass Schüler aller Talente länger gemeinsam lernen – und davon auch profitieren? Es geht um einen neuen Lernbegriff, den auch die Industrie längst einklagt: Teamwork statt Notenkonkurrenz; Problemlösungskompetenz statt Pauken; Kreativität statt Dienst nach Vorschrift in 6x45 Minutenportionen. Dass Bundesbildungsministerin Schavan an einer so genannten „Hauptschulpädagogik“ in den Oberschulen festhalten will, ist allerdings kein gutes Zeichen.
Sonntag mittags wollen die Leute natürlich ihre Ruhe haben von irritierenden Thesen. Aber eigentlich ist es ja so:
was man im tv nicht sagen darf (1): deutschland ist - bildungspolitisch gesehen - ein #schurkenstaat: die kultusminister verhöhnen UN-kommissar, und ignorieren die Vorgabe der UN, eine Schule für alle einzurichten #inklusion
was man im tv nicht sagen darf (2): #CDU apart(heidt)es schülerbild - gibt schlaue kinder (die mehr bildung bekommen, von teureren lehrern unterrichtet werden und bessere chancen bekommen) - und andere schüler, denen man das ab dem 10. lebensjahr systematisch vorenthält
was man im tv nicht sagen darf (3): das #übergangssystem für arbeitlose und jugendliche ohne lehrstelle bietet 200.000 bis 400.000 jugendlichen alles - nur keine abschlüsse und keine übergänge
Stilfragen
Die Maßstäbe der Bosch-Stiftung
Die Bosch-Stiftung hat gerade ihren Schulpreis wieder verliehen. Es ist der unumstritten wichtigste und stilbildende Preis für die Schulentwicklung, den andere Stiftungen inzwischen zu imitieren versuchen. Bekommen hat den Deutschen Schulpreis an erster Stelle die Integrierte Gesamtschule Göttingen-Geismar. Das ist eine der alt-eingesessenen und kreativen Gesamtschulen im Lande.
WULFF WOLLTE DER GESAMTSCHULE DAS LICHT AUSBLASEN
pisaversteher hat sich entschlossen, den Preis diesmal vorab zu veröffentlichen. Wir hatten die Info lange vorher, und da schien es angezeigt, dem Lande die Pikanterie dieses Preises aufzuzeigen: Dass der selbe Bundespräsident die Gesamtschule (und sich) über den grünen Klee lobte, der ihr als Ministerpräsident gerne das Lichtlein ausgeblasen hätte.
(Christian Wulff rühmte sich gegenüber Sandra Maischberger, "dass ich als Ministerpräsident mehr Gesamtschulen zugelassen habe als jeder Kollege vor mir." Dass Wulff zwischenzeitlich eine Art Gesamtschul-Verbotsgesetz erlassen hatte, vergaß er zu erwähnen. Und Maischberger nachzufragen, but anyway.)
INSZENIERUNG VERSAUT
Den Boschs ging es zwischendurch ja gar nicht mehr um den Preis - sondern darum, dass pisaversteher zusammen mit spiegel-online und taz die wunderbare Inszenierung des Schulpreises versaut hätte. So viele Anrufe aus der Stiftung binnen 24 Stunden gab es lange nicht mehr. Da war von enttäuschten Kindern die Rede, denen man die schöne Gala versauen würde usw. usf.
Man muss hier einen Moment innehalten, um zu verstehen, wie die Bosch-Stiftung tickt. Wenn der Schulpreis aus politischen Gründen vorveröffentlicht wird - dann wird SOFORT und ENERGISCH Wehklage geführt wegen einer gestörten INSZENIERUNG.
Wenn die Boschs nur immer so SCHNELL und ENERGISCH wären! Zum Beispiel, wenn es im INHALTE geht und EHTOS und nicht um Inszenierung.
IN DER JURY DIE FRIENDS DES PÄDERASTEN
Die Jury der Bosch-Stfitung war gespickt mit Frogs, mir "friends of Gerold Becker". Darauf hat pisaversteher die Stiftung bereits vor einem Jahr hingewiesen - und auch auf die Glaubwürdigkeit eines Preises der von Menschen verliehen wird, die teilweise öffentlich rühmen, welch' fantastischer Pädagoge der Päderast und mutmaßliche Haupttäter Gerold Becker doch gewesen sei.
Die Bosch-Stiftung hat nun die ganze Jury von ihrer Arbeit entbunden und wird sie neu zusammen setzen. Das ist ein richtiger und guter Schritt und wir werden genau hinsehen, ob nun wirklich und endlich alle Taue zu dem pädokriminellen Reformpädagogen gekappt werden. Aber das hat alles seeehr lange gedauert. Die Boschs haben ausführlich überlegt und sie haben nur schrittweise offen gelegt, ob und welche Zusammenarbeit es mit Gerold Becker gegeben hat.
HÖFISCHE ATTITÜDE
Wir dürfen uns wundern über die höfische Attitüde, die bei der Bosch-Stfitung herrscht: Wird die Inszenierung gestört, werden SOFORT ALLE HEBEL in Bewegung gesetzt, es wird Empörung bis an die Schmerzgrenze zelebriert. Man echauffiert sich über Stilfragen. Geht es aber um das Ethos und den Spirit der Jury, dann dreht sich das Mühlrad gemächlich und ruhig.
Da empört sich niemand im Hause Bosch und schon gar nicht fix.
Stilfragen eben.
Hertie-Stiftung bedrängt Bundespräsidenten
Ultimative Forderung
Die Hertie-Stiftung hat zum wiederholten Male den Bundespräsidenten aufgefordert, mehr Platz für die Verleihung des Preises "Starke Schule" zu schaffen. Michael Endres, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, sagte zu Bundespräsident Christian Wulff, die Stiftung könnte 600 Leute für die Verleihung des Schulpreises einladen, aber es sei einfach zu eng in Schloß Bellevue. Endres hat dem Vernehmen nach bereits mehrfach diese Bitte geäußert. Die Hertie-Stiftung verleiht meistens in Bellevue den Preis "Starke Schule", für den sich 600 Schulen bewerben.
Verschärfter Ton
Bei der Verleihung des Preises am Mittwoch allerdings verschärfte Endres die Tonlage. "Wenn wir wir nicht mehr Platz bekommen, dann müssen wir wirklich nachdenken", sagte Endres in seiner Rede vor dem Präsidenten und etwa 200 geladenen Gästen. Beobachter interpretierten Endres so, dass er dem Präsidenten andeutete, den Preis nicht mehr bei ihm zu verleihen. Der Hertie-Chef reagierte damit öffentlich auf den Satz Christian Wulffs in seiner Rede, er werde natürlich keinen Seitenflügel anbauen lassen. Dass sich ein Präsident im eigenen Hause vor Gästen zur Rede stellen lassen muss, ist ungewöhnlich. Endres war vor seiner Tätigkeit bei der Hertie-Stiftung in verschiedenen Banken tätig und zuletzt Aufsichtsrat bei der HypoReal Estate, die in der Finanzkrise 100 Milliarden Euro verloren hat.
Hauptschule ist stark
Michael Endres nutzte die Gelegenheit, im Schloß Bellevue ein Loblied auf die Hauptschule zu singen. Man sei gezwungen worden, den Titel "Hauptschulpreis" abzulegen, sagte der Banker. Tatsächlich hatte Hertie auf den Titel verzichtet, weil es in vielen Bundesländern keine Hauptschulen mehr gibt. Von den zehn aktuellen Preisträgern, die am Mittwoch ausgezeichnet wurden, tragen noch drei die "Hauptschule" im Namen - alles andere sind integrierte oder kooperative Schulen.
Mehr Aufmerksamkeit - fürs Abschaffen
Das hinderte Endres nicht daran, die Hauptschule wieder zu reanimieren. Der Preis zeige, sagte er, "dass die Landesminister diesem Schultyp immer mehr Aufmerksamkeit widmen." Das stimmt - allerdings auf negative Art. Sogar in Baden-Württemberg und Bayern werden Hauptschulen nun abgeschafft bzw. umbenannt. Allerdings hilft letzteres nicht viel. In Bayern etwa, wo die Schule neuerdings Mittelschule heißt, sind im Schuljahr 2010/11 erneut drastisch weniger Anmeldungen an den ehemaligen Hauptschulen erfolgt.
Endres beharrte dennoch darauf, dass "diese Schulform" sehr erfolgreich sei: Es gebe nur 3 Prozent nicht vermittelte Bewerber um einen Ausbildungsplatz, sagte Endres - allerdings meinte er damit die Preisträger-Schulen und nicht etwa die Hauptschule als solche, die nur absolut verheerende Ausbildungsquoten schafft.