Die Realität der Odenwaldschule: Das Recherche-Buch

Sündenfall ist Christian Füllers Recherche über die Wirklichkeit der Odenwaldschule. Die hochgelobte Reformschule war über mehr als 20 Jahre hinweg kein Ort, an dem - so die Eigenwerbung - "kein Kind beschämt wird". Sie hatte sich in ein perfides Missbrauchssystem verwandelt, bei der mindestens sechs Lehrer sexualisierte Gewalt gegen Schüler verübten. Der Missbrauch traf - nach einem Bericht - 125 Schüler. Das System beinhaltete die Verteilung hübscher Jungen aus dem Empfangshaus in die Internatsfamilien pädokrimineller Lehrer. 

Leseprobe: 

Die Odenwaldschule galt lange als die beste Schule Deutschlands – und die demokratischste. In Wahrheit hatte sich eine pädokriminelle Gruppe von Lehrern um den Schulleiter Gerold Becker (1972-1985) die Schule unterworfen. Es regierte nicht mehr die Schulversammlung, sondern es gab ein anderes System.

"Es existiert ein Begriff, der ziemlich genau beschreibt, welches Regime an der Odenwaldschule herrschte: Es ist das Modell einer »aristokratischen Androkratie«. Das bedeutet eine Herrschaft, in der die Manner mit der größten Ausstrahlung den Staat leiten. An der Odenwaldschule ubten in der Tat einige wenige Manner die Macht aus. Sie druckte sich in sexueller Verfügungsgewalt aus, die durch eine Theorie vom vermeintliche höheren padagogischem Eros gerechtfertigt wurde. An der Spitze steht Gerold Becker, dessen Ausstrahlung bestandig hervorgehoben wird. Der Kreis jener Lehrer, die die Schule als ihr sexuelles Revier betrachten, geht aber weit uber die Gruppe der Padosexuellen hinaus

Das Konzept der aristokratischen Androkratie wird Hans Bluher zugeschrieben. Bluher sah fur Frauen unverhohlen die Aufgabe des Gebarens, Kochens und Haushaltens vor. Eine derartige Haltung ware in der Odenwaldschule selbstverstandlich vordergrundig nicht regierungsfahig gewesen. Gleichwohl hinterfragen nicht wenige Zeitzeugen die Rolle der Frau an der Odenwaldschule zu Zeiten Gerold Beckers. Es gab einige Frauen, die den von ihnen verehrten Gerold Becker wieder ans richtige Ufer heruberzuziehen versuchten. »Ach, die war doch schon immer in Gerold verliebt«, lautet ein OSO-Witz über eine der Verehrerinnen Beckers. »Aber sie kommt nicht ran, da stehen zu viele kleine Jungs im Weg.«

Rezension 3Sat

Den Journalisten und Bildungsexperten Christian Füller haben die Missbrauchsfälle nicht losgelassen. Und er hat herausgefunden: Es waren keine bedauerlichen Einzelfälle. Es war ein "Sündenfall" - mit System. "Es gibt so etwas wie eine Verschwörung", sagt Füller. Pädophile verabredeten sich, die Reformpädagogik auszunutzen, um sich sexuell an den ihnen Anvertrauten vergehen zu können.

Rezension ganz lesen bei 3Sat

FR, SZ und Zeit

Jörg Schindler hat den Odenwaldskandal aufgedeckt. Er schreibt, dass Christian Füller "in 'Sündenfall' einige neue Einsichten liefert, die den vertuschten Skandal aus Ober-Hambach noch ungeheuerlicher erscheinen lassen." >>> Frankfurter Rundschau Tanjev Schultz (SZ) betont den Richtungswechsel in der Argumentation und Gunter Hofmann (ZEIT) kann nicht verknusen, dass Füller die feine Gesellschaft Täterlobby nennt. >>> mehr via perlentaucher